Laudatio: Bürgerpreisverleihung der FDP 2007 (Kathrin Lange-Klotz)

Liebe Ulrike, heute wirst Du auf eine ganz besondere Art geehrt: Die FDP Wachtberg zeichnet Dich mit dem Bürgerpreis des Jahres 2007 aus – für Dein ehrenamtliches Engagement in der „Tiergestützten Therapie im Hospiz“!

Der Begriff Engagement reicht aus meiner Sicht nicht aus, um umfassend Dein Wirken zu beschreiben. Aber dazu später!

Meine sehr geehrten Damen und Herren, als ich zum ersten Mal von Frau Ulrike Sänger hörte, wurde sie wie folgt vorgestellt: Ulrikes Tag muss mehr als 24 Stunden haben, anders kann man sich nicht vorstellen, wie diese Frau alles unter einen Hut bekommt! Oh – eine Powerfrau, so mein erster Gedanke.

Über ihr Alter schweige ich mich aus, aber so viel zu ihrer Person: Sie ist verheiratet mit Lothar Sänger, hat 3 leibliche Kinder – das Jünste ist mittlerweile 20 – und ihre Familie hat vor 14 Jahren einen damals 6 jährigen Jungen als Pflegekind aufgenommen, der nun eine Ausbildung zum Gastronomiefachmann macht.

Sie hat studiert: ev. Religionspädagogik, Kunst, und Werkerziehung, Psychologie und Pädagogik für das Lehramt Sekundarstufe I. Sie hat abgeschlossen: eine Ausbildung zur staatlich anerkannten Heilpädagogin an der Fachschule für Heilpädagogik

Ulrike Sänger hat als Gruppenerzieherin geistig behinderte Erwachsene und schwerst-mehrfach behinderte Kinder gefördert und betreut. Seit 4 Jahren ist sie verantwortlich für die pädagogische Leitung der Tagesklinik in der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Bad Neuenahr.

Zur Erinnerung: Ihr Tag muss mehr als 24 Stunden haben, denn sie ist auch noch

Nun aber möchte ich Dein Wirken rund um das Thema „Tiergestütze Begleitung im Hospiz“ in den Mittelpunkt stellen und einen wunderbaren alten Herren zitieren, den Du und Dein Hundebesuchsteam über mehrere Wochen begleitest hast:

Dieses Kompliment hat Dir ein schwerkranker, ein sterbender Mensch gemacht. Er konnte zurückblicken auf ein langes, erfülltes Leben. Er war eingebettet in eine große Familie. Er feierte in den letzten Wochen seines Lebens mit seiner Frau den 62zigsten Hochzeitstag.

Begnet seit Ihr Euch im Hospiz, der Herr war für seine letzten Lebenswochen Gast im Hospiz am Waldkrankenhaus. Das Angebot des Hauses, von einer Ehrenamtlerin mit einem Hund besucht zu werden, nahm er gerne an – so seit Ihr Euch begegnet, habt Euch kennen- und schätzengelernt. Dein großer Grisu – und Sie können sich gleich einen eigenen Eindruck von ihm machnen – hat sogar mit im Bett gelegen!

Das strahlende Lächeln des Herrn und die Dankbarkeit seiner Frau, ihren Ehemann so in dieser Lebens- und Sterbephase erleben zu dürfen, sind symbolisch für die große Chance der menschlichen Begegnung durch die tiergestützte Begleitung.

Tiere – Hunde – im Hospiz? Was für eine Idee – im Krankenhaus undenkbar wegen hygienischer Vorschriften. Im Hospiz – erwünscht, immer willkommen, ein Highlight für Gäste, ihre Besucher und auch für das Pflegepersonal.

Nun aber kommt ein ABER: Nicht einfach so, nur weil jemand seinen vermeintlich süßen Hund zur Kuschelrunde ins Hospiz mitnehmen möchte. Sowohl die Zweibeiner als auch die Vierbeiner des Hundebesuchdienstes sind gewissenhaft ausgebildet worden: Die Voraussetzung für den Einsatz in der tiergestützten Begleitung ist die Ausbildung zum ehrenamtlichen Hospizmitarbeiter und Sterbebegleiter in unserem Fall geschult durch den Hospizverein Bonn.

Erst dann schließt sich eine umfangreiche Weiterbildung durch Dich, liebe Ulrike, an, die für mich geprägt sind durch die Schlagworte

WISSEN VERTRAUEN GRENZEN

Wissen:
Neben vielen Informationen rund um den Begriff tiergestützter Arbeit möchte ich an einem Beispiel praktische Wissensvermittlung darstellen:

Was sich hier so positiv und lustig anhört, sind in Wirklichkeit Stresssignale des Hundes! Sie zu missachten, sie fehl zu interpretieren, kann schlimme Folgen haben – jeder Rauferei unter Hunden, jeder Beißattacke gehen diese Signale voraus.
Nun, unsere Hunde sind wesensstarke Hunde, gut sozialisiert, sehr menschenfreundlich, umweltsicher und stresstolerant.
Sie lesen zu können, ihre hundespezifische Körpersprache zu interpretieren, ist ein Schwerpunkt der Ausbildung für den tiergestützten Einsatz!

Vertrauen:

So schickte mich Ulrike in das Zimmer eines Hospizgastes, mein erster Besuch mit Chanya.
Ulrike vertraute meiner Hündin, sie vertraute mir! Dieses Vertrauen ist in den Wochen unserer intensiven Ausbildung gewachsen und die Grundlage für unsere Zusammenarbeit.

Grenzen

Meine Hündin hat sich beim Morgenspaziergang die Pfote gestaucht, humpelt aber nur leicht. Am Nachmittag ist unser Besuch im Hospiz angekündigt, wir werden schon erwartet. Ist das Humpeln wirklich so schlimm, hat Chanya Schmerzen? Wie enttäuscht sind die Menschen, die sich schon seit Tagen auf unseren Hospizbesuch freuen, wenn wir doch nicht kämen? Nein, dieses Mal bleiben wir zu Hause, denn Chanyas Wohlergehen hat Vorrang! Ebenso kann es Situationen geben, in denen ein Hospizbesuch meine Kräfte übersteigen würde, Stress in der Familie oder Krankheit, auch dann komme ich an Grenzen, die ich achten muss.

Unsere Hunde zeigen uns Grenzen auf, wenn sie sich während eines Besuches Richtung Zimmertür begeben, nach dem Motto: Nun mach doch bitte Schluss, ich habe genug! Die Hunde haben ein hohes Wahrnehmungspotential, mehr noch als wir Menschen. Dies nutzen wir im Positiven bei unseren Einsätzen. Doch wir dürfen den Hund, unseren Partner, nicht mit Eindrücken überfrachten und überfordern. Manchmal ist ein Besuch genug, auch wenn noch ein weiterer Gast auf uns wartet.

Nur am Rande: Am Ende eines Hospiznachmittages steht für unsere Vierbeiner immer ein ausgedehnter Spaziergang auf dem Programm oder – wie bei meiner Hündin – ein großer leckerer Knochen zur Entspannung!

Tierbesuchsdienst:

Es ist so wie beim Adventskalender. Sie öffnen voller Vorfreude ein Türchen, wissen nicht, welche Überraschung dahinter auf Sie wartet. Wir öffnen die Türen der Gastzimmer, werden immer überrascht und beschenkt von einer intensiven menschlichen Begegnung!

Dir, liebe Ulrike, danke ich auch sehr persönlich, denn nur mit Dir, mit Deinen Visionen und Ideen, mit Deiner Tatkraft und Deiner großen Liebe zu den Menschen und den Tieren ist für mich der Tierbesuchsdienst das, was er ist: ein Schenken und Beschenkt werden!


Zitat Zitat - Pfote

Hunde haben alle guten Eigenschaften der Menschen,
ohne gleichzeitig ihre Fehler zu besitzen.

Friedrich der Große